Space Braten
Ich musste wohl auf der Couch eingeschlafen sein.
Es war wohl schon ziemlich spät, denn in der Fernsehwerbung versuchte gerade ein halbnacktes, wahrscheinlich osteuropäisches Mädel, mich zu animieren eine 0190iger Nummer zu wählen, um mich mit ihr für dicke Kohle zu unterhalten. Noch etwas benommen dachte ich daran, die unbequeme Couch gegen mein gemütliches Bett zu tauschen. Ich nippte noch einmal kurz an dem Rest des Rotweins, der auf dem Tisch stand, aß noch ein paar Chips, als ich durch den nicht ganz heruntergelassenen Rolladen, einen gleißenden, grünlichen Lichtschein vernahm. Verwundert öffnete ich den Laden etwas und sah erstaunt, dass mein ganzer Vorgarten hellgrün erleuchtet war.
Schnell zog ich meine Jogginghose an, schlüpfte in meine Schlappen, um nach zusehen, wer der Verursacher dieses Lichtes war.
Als ich die Haustür öffnete, stockte mir der Atem. Vor mir standen drei äußerst merkwürdige Gestalten!
Sie waren etwa 1,50m groß und knallgrün! Ihre Haut hatte winzige Schuppen, die in dem grünen Lichtschein irisierten. Als ich mich von dem ersten Schock erholt hatte, schätze ich kurz meine beschissene Lage ab. Zweifellos waren die drei Jungs Außerirdische, die irgendetwas von mir wollten. Auf dem Kopf hatten sie kleine Hörnchen, etwa so wie eine Giraffe. Die dickeren Enden dieser Hörner, leuchteten in unregelmäßigen Intervallen gelb auf. Ihre Augen hatten schlitzförmige Pupillen und starrten mich kalt an. Gerade als ich überlegte, ob ich Ihnen die Tür vor ihrer außerirdischen Nase zuschlagen sollte, zückte einer der Jungs einen Phaser, mit dem er mir andeutete ins Haus zurück zu gehen.
Der Knabe mit dem Phaser, schien der Anführer des Trupps zu sein, den er gab den beiden anderen mit kurzen, schrillen Lauten Anweisungen. Sie drängten mich in den Hausgang zurück. Aus den Augenwinkeln sah ich noch, wie der Chef-Marsmensch so eine Art Fernbedienung zückte, das grüne Licht erlosch und Vollmersbach lag wieder im Dunkel. Ihr Raumgleiter, der auf dem großen Parkplatz vor meinem Haus parkte, war jetzt im Mondschein kaum noch zu erkennen.
Sie trieben mich ins Wohnzimmer und schnell zeigten sie mir mit dem Phaser, dass ich Platz auf dem Sessel nehmen sollte. Ich fragte ob sie etwas Rotwein oder Chips haben möchten, ich hätte auch Fischli, mit und ohne Sesam. Die Pupillen in den Augen des Anführers wurden noch enger und ich glaubte ein leichtes Glühen in ihnen zu sehen. Aus Wein und Gebäck schienen sie sich nichts zu machen. Plötzlich hatte einer ein Gerät in der Hand, welches einer Melodica, oder einem Alkoholtester der Polizei glich. Er steckte sich ein Mundstück in seinen Mund und legte ein Hebelchen um. Das Teil leuchtete kurz auf und dann begann das Wesen in reinstem Idarer-Platt mit mir zu reden. Es klang wie wenn jemand in die Zute einer Gieskanne spricht, als er sagte:
„ Ge Nohmend, oora besser gesaht, ge Naacht! Mir senn e bisselche spät aan, awwa mir hatte aach e gout Steggelche se fleije.
Mir senn von dem Planede Orion onn mir wollte deech mohl ebbes frohe. Mir beobachte ooch schon e lang Zeet onn uus es offgefall, dass dir ziemlich viel brohre dout. Mir honn Geruchssensore die honn uus iewamittelt, wie herrlich dat riecht, wenn Dir brohre dout.
Dann hot ääner von uus en CD von dir gehat, onn mir honn gedaacht, dat loh ess uuser Mann!“
Jetzt war ich doch etwas lockerer geworden, denn ich war mir sicher, dass sie mich wahrscheinlich nicht mit Ihrem Phaser rösten wollten. Der Mann vom Orion, steckte sich das Gerät ins Ohr und deutete mir an, dass ich jetzt reden könnte. Er drückte auf Mithören und das Teil übersetzte mein Idarer-Platt auf orionisch. So habe ich Idarer-Platt höchstensmal an Vatertag auf dem Leiseler Sportplatz gehört. Aber irgendwie cool. Ich erklärte ihnen den Unterschied zwischen Schweene Haas und Hochrepp, wie man Fleisch richtig einlegt und beglückwünschte den Anführer nicht in Oberstein gelandet zu sein, weil die ja Paprika ans Fleisch machen und eigendlich keine Ahnung vom Braten haben.
Er wechselte das Gerät wieder vom Ohr zum Mund und sagte:
„Maddin, eesch däät sahn, wenn de e bisselche Zeet hässt, dann dääte mir deesch metnämme off de Orion, dann kannst dau uus emohl zeije wie dat geht. Boucheholz honn mir aach doh uhwe.“
Wie sollten die auf dem Orion wohl an Buchenholz kommen. Aber dann fiel mir ein, dass mir ja schon seit längerer Zeit, immer wieder kleinere Mengen meines kostbaren Spießbratenholzes geklaut wurden!
Ich ging mit einem der Aliens hinters Haus in den Schopp und packte meinen transportablen Schwenker zusammen. Im Keller, auf der Kühltruhe, stand die große Tupperschüssel, in der ich schon eine Repp und 4 Stücke Schweene Haas eingelegt hatte. Irgendwie müssen die Brüder mich ausspioniert haben, den sie schmatzen gierig, als sie die Tupperschüssel sahen und rieben sich vergnügt ihre kleinen, grünen Händchen, die nur drei Finger hatten. Noch ein Netz Kartoffeln geschnappt und es konnte losgehen.
Jogginghose und Schlappen ließ ich einfach an, damit ich es beim Braten schön bequem hab. Außerdem glaubte ich, dass ich mich für Orion nicht unbedingt rausputzen muss. Einige Schwierigkeiten hatten sie damit, den Dreibein ins Raumschiff zu kriegen. Ich machte den Vorschlag, meinen Dachgepäckträger zu nehmen. Der Hauptaußerirdische schaute mich wieder so merkwürdig an und ich hätte schwören können, dass seine Augen wieder glühten.
Klar! Ich hatte komplett vergessen, das der Dreibein ja in der Stratosphäre verglühen würde!
Im Schiff zwängte ich mich in einen Schalensitz, der eigentlich nicht für meine Statur konstruiert war. Vor mir hatte ich einen kleinen Monitor; in dem ich Parkplatz, mein Haus und den Garten, wieder in diesem grünen Licht sehen konnte. Ein helles, turbinenartiges Geräusch sagte mir, dass der Start kurz bevor stand. Das Geräusch wurde immer schriller und unangenehmer und plötzlich wurde ich mit unglaublicher Kraft in den viel zu engen Sitz gedrückt.
Auf dem Monitor sah ich, wie Vollmersbach immer kleiner wurde. Dann der Kreis Birkenfeld, Rheinland-Pfalz, Deutschland und plötzlich konnte ich als immer kleiner werdende Kugel, unseren geschundenen Planeten, die Erde sehen. Sie stellten die Steuerung auf Autopilot und begannen irgendein Gesellschaftsspiel zu spielen, bei welchem sich eine kleine Kugel, in der Luft schwebend, von einem zum anderen bewegte. Plötzlich blieb die Kugel stehen, fing an zu blinken und zu summen. Ich glaub dann war der Gewinner ermittelt, denn derjenige, der das Glück hatte von der Kugel ausgesucht zu werden, stieß ein heiseres Kichern aus und die beiden anderen, pressten widerstrebend eine kleine Kugel aus einer Körperöffnung im Brustbereich und gaben sie dem Sieger. Die Kugel sah ungefähr wie eine übergroße Hasenbonzel aus, leuchtete zartgrün und roch nach Waldmeister. Der Gewinner verspeiste die Kugeln auf der Stelle und schmatze begeistert.
Auf dem Monitor sah ich, dass wir gerade die Venus passierten und in Richtung Milchstrasse unterwegs waren, da fiel mir siedend heiß ein, dass ich etwas enorm wichtiges vergessen hatte. Ich klopfte dem Anführer auf die Schulter und gab ihm Zeichen, den Idarer-Platt Generator an sein Ohr zu halten. Er tat dies, schaltete auf Mithören und ich sagte:
„ Dir Männer, seid ma net bees! Eesch honn ebbes wahnsennisch wischtisches vergess! Mir hätte müsse an der Agip-Tankstell kurz aanhalle onn zwo Kaste Kirner metnämme. Ooßerdem en Schachtel Reval, eesch wääs joh net, ob dir e Automat doh uuwe hot
Doh hilft alles nix, dir misst die Schessel nochemohl drähe onn seregg fleije!“
Der Anführer zog kommentarlos den Phaser und ich bin mir ziemlich sicher, das er mir sofort eine gebeamt hätte, wenn ihn die Anderen nicht davon abgehalten hätten.
Ich glaube, der Grund dafür war: Die zwei waren dermaßen scharf auf den Braten, der ja ohne den Maddin nicht zu stande gekommen wäre.
Er bremste das Raumschiff ab und der Bremsvorgang dauerte einige Lichtjahre, bis der Gleiter endlich ausrollte. Er drehte das Schiff und raste mit nichtirdischer Geschwindigkeit Richtung Idar, zur Agip-Tankstelle. Während des Fluges, überlegten sie, an der Agip noch kurz durch die Waschanlage zu fliegen, denn die Scheiben des Schiffs waren voller Weltraummücken, die noch schlechter zu entfernen sind wie unsere.
An der Agip angekommen, stellte ich erschrocken fest, dass die Tankstelle gerade geschlossen hatte.
Als der Anführer das mitkriegte, zog er den Phaser und fing an wie wild auf mich zu schießen. Ich rannte wie ein Hase, hakenschlagend über den Parkplatz der Agip. Der Phaser machte an sich keinen Krach, aber ich hörte immer, wie hinter mir mit einem lauten Zischen das Pflaster verschmorte, wenn der Strahl des Phasers auftraf. Gott sei Dank konnte ich dem Deppen klarmachen, dass in Weierbach die Tanke noch aufhat und das ist ja mit einem Raumschiff doch wirklich nur ein Katzensprung, da man ja die Serpentinen, Hintertiefenbach hinunter, einfach überfliegen kann.
An der Tanke kauften wir das Kirner, die Reval und die Aliens wollten unbedingt mal ein Mixerie probieren, weil es das ja auf Orion nicht gäbe. Ich erklärte ihnen das wäre zu süß und zu babbisch und man bekäme einen Panz davon. Ihnen war das egal und so kauften sie noch zwei Sixpacks Mixerie.
Als wir Richtung Gleiter gingen, kam mir eine Idee und ich sagte zu ihnen:
„Hiert emohl! Wärts dann net besser, ma däte de Brohre bei mir dehämm mache onn eesch weggele ooch det Flääsch en Staniolbabeija enn? Wenn da ooch dommelt, es dat Flääsch noch wonnerbar warm, wenn da off de Orion kommt!“
Sie überlegten kurz , nickten dann aber überzeugt.
Bei mir zu Hause zeigte ich ihnen alles was ich drauf hatte. Ich zeigte ihnen wie man richtig Holz hackt, Schliewerscha, um das Feuer anzuzünden. Ich gab ihnen die Zwiebeln zu kosten, in denen das Fleisch eingelegt war. Sie gurrten vor Verzückung, aber gleich öffneten sich ihre Körperöffnungen im Brustbereich und zartgrüner Dampf trat aus und roch entsetzlich.
Ich zeigte ihnen wie man richtig schwenkt und dass man um Himmelswillen kein Paprika ans Fleisch tun soll, weil es ja sonst schmeckt wie bei den Obersteinern. Sie dokumentieren alles was ich ihnen zeigte mit einer klitzekleinen Kamera. Als der Braten endlich fertig war und ich die Aliens pitzelen ließ, tanzten sie singend um das Rost und dankten mir in ihrer seltsamen Sprache. Ich verpackte das Fleisch in Alufolie, gab Ihnen die große Tupperschüssel mit und sagte, sie sollen sie aber ja wieder vorbeibringen.
Plötzlich berührte mich der Anführer mit dem mittleren seiner drei Finger auf der Stirn. Mein Kopf schien zu explodieren und alle meine Gedanken verschwammen in einem einzigen Wirrwarr.
Morgens erwachte ich mit leichtem Kopfweh auf meiner Couch. Der Fernseher lief noch und mir schmerzte das Kreuz ohne Ende. Ich dachte nur: „ Dir leijwe Leit! Wie kann ma so e Mest träme?“
Ich war überzeugt, einen sehr seltsamen Traum geträumt zu haben, aber meine Jogginghose roch schon verdammt nach Rauch! Wie ein geölter Blitz stürmte ich in die Küche, um zu sehen, ob die große Tupperschüssel noch da ist.
Sie war weg………